5IN DIESER AUSGABE                                                                                                  SEITE

   1.  Fristen und Termine                                                                                             2

2.  Steuerfreiheit von Trinkgeldern                                                                         2

3.  Änderung der Steuergesetze beschlossen                                                      2

4.  Erläuterungen zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung                      4

5.  Zeitpunkt der Aktivierung des Anspruchs auf Körperschaftsteuerminderung                                                                           5

6.  Bürogebäude als wesentliche Betriebsgrundlage bei einer Betriebsaufspaltung                                                                                             6

7.  Haftung des Geschäftsführers bei Nichtzahlung der Lohnsteuer                6

8.  Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von steuerbefreiten Berufsverbänden 7

9.  Drittaufwand bei eigener Leistungspflicht                                                        7

10.   Steuerrechtliche Beurteilung der anschaffungsnahen Aufwendungen       8

11.   Archivierung von Lieferscheinen auf CD                                                          9

12.   Angabe der Steuernummer in der Rechnung                                                 10

13.   Überprüfung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern                             11

14.   Geschäftsveräußerung und Vorsteuerabzugsberechtigung                        11

15.   Vorsteuerabzug für Privatwohnung im Geschäftshaus                                 12

16.   Fahrzeug-Leasing auf Veranlassung des Arbeitgebers                                12

17.   Private Pkw-Nutzung durch mehrere Arbeitnehmer                                      13

18.   Verwertung von Kundenunterlagen bei der Durchsuchung von Banken  13

19.   Aufteilung von Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen     14

20.   Besteuerung von Spekulationsgewinnen wird verfassungsrechtlich überprüft                                                                                                              16

21.   Nießbrauchsverzicht gegen dauernde Last bei gleichzeitiger Vermietung 16

22.   Spekulationsgeschäft nach Entnahme eines Grundstücks aus dem Betriebsvermögen                                                                                              17

23.   Erstattung von Sonderausgaben                                                                      18

24.   Grobes Verschulden bei unvollständigem Ausfüllen der Steuererklärung     18

25.   Erweiterung einer Betriebsprüfung                                                                 18

26.   Befreiende Lebensversicherung unterliegt der Erbschaftsteuer              18

 

1.     Fristen und Termine

Steuerzahlungstermine im September:

                           Fälligkeit                        Ende der Schonfrist bei Zahlung durch

                                                 Überweisung (Wert-                        Scheck/bar (wenn gleichzeitig

                                                                stellung beim Finanzamt)                                mit Abgabe der Anmeldung)

Lohn- /Kirchensteuer                        10.9.                        16.9.                        16.9.

Umsatzsteuer                        10.9.                        16.9.                        16.9.

Eink.-/Kirchensteuer                        10.9.                        16.9.                        keine Schonfrist

Körperschaftsteuer                        10.9.                                         16.9.                        keine Schonfrist

 

 

2.     Steuerfreiheit von Trinkgeldern

 

Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist, unterliegen nicht mehr der Einkommensteuer. Einem entsprechenden Gesetzesentwurf hat der Bundestag zugestimmt. Das Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2002 in Kraft.

Quelle: Deutscher Steuerberaterverband, www.dstv.de

 

 

3.     Änderung der Steuergesetze beschlossen

 

Der Bundesrat hat im Juli 2002 das "Fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von weiteren Steuergesetzen" verabschiedet. Der Schwerpunkt dieses Gesetzes, das ursprünglich nur die Aus- und Fortbildung der Steuerbeamten an die geänderten Anforderungen der Steuerverwaltung anpassen sollte, liegt auf der Änderung von insgesamt elf Steuergesetzen. Die wesentlichen Änderungen werden im Folgenden vorgestellt.

Änderungen des Einkommensteuergesetzes

Nach der bisherigen Gesetzeslage können Steuerpflichtige, die keine Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen sind, unter bestimmten Voraussetzungen Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zum Betrag von 500.000 EUR im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder in den folgenden zwei Wirtschaftsjahren auf die Anschaffungskosten von neu angeschafften Anteilen an Kapitalgesellschaften oder abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern oder in den folgenden vier Jahren auf die Anschaffungskosten von neu angeschafften Gebäuden übertragen. Diese Vorschrift wird insoweit ergänzt, dass nunmehr durch die Übertragung des Gewinns auf die Herstellungskosten von Gebäuden oder beweglichen Wirtschaftsgütern auch deren Herstellung begünstigt ist. Es wird außerdem klargestellt, dass eine Verzinsung des Rücklagenbetrags nur soweit erfolgen muss, als die Rücklage nicht auf Anteile an Kapitalgesellschaften, Gebäude oder bewegliche Wirtschaftsgüter übertragen wurde.

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils an einem Gewerbebetrieb ist laufender Gewinn. Dies gilt nunmehr auch entsprechend für Einkünfte aus selbständiger Arbeit, wenn der Teil an einem Anteil an einem Vermögen veräußert wird, das der selbständigen Arbeit dient. Die entsprechenden Vorschriften wurden überarbeitet.

Der Haushaltsfreibetrag wird nach der jetzigen Gesetzeslage bei Steuerpflichtigen, bei denen die Voraussetzungen für den Abzug dieses Freibetrags bereits 2001 vorlagen, bis 2005 stufenweise abgebaut, während Steuerpflichtige, die 2002 erstmals alleinerziehend werden, den Haushaltsfreibetrag nicht mehr in Anspruch nehmen können. Durch die Streichung der entsprechenden Vorschrift wird die Abschmelzung des Haushaltsfreibetrags auch auf die Fälle ausgedehnt, bei denen die sonstigen Voraussetzungen für den Abzug des Haushaltsfreibetrags erst nach dem Veranlagungszeitraum 2001 eintreten.

Hinweis:

Steuerpflichtige, die die Voraussetzungen zur Gewährung des Haushaltsfreibetrags erstmalig in 2002 erfüllen, können den Freibetrag bei ihrer Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2002 beantragen. Sie haben aber auch die Möglichkeit, sich den Freibetrag bereits auf der Lohnsteuerkarte 2002 eintragen zu lassen. Dadurch wird er monatlich bereits bei der Lohnsteuerberechnung berücksichtigt, sodass sich die steuerliche Vergünstigung bereits bei der Auszahlung des Arbeitslohns bemerkbar macht. Wenn Sie Ihre Lohnsteuerkarte ändern lassen wollen, müssen Sie Ihren Arbeitgeber bitten, Ihnen die Karte auszuhändigen. Nach der erfolgten Änderung durch das Finanzamt müssen Sie die Lohnsteuerkarte an den Arbeitgeber zurückgeben. Wir sind Ihnen bei der Erstellung des notwendigen Antrags gerne behilflich.

Änderungen des Gewerbesteuergesetzes

Ein Veräußerungsgewinn unterliegt nicht der Gewerbesteuer, da er keinen laufenden Gewinn und damit keinen Gewerbeertrag darstellt. Dies galt bisher auch für Veräußerungen durch Körperschaften und mittelbare Mitunternehmer. Durch die Gesetzesänderung ist nur noch eine Veräußerung durch eine natürliche Person, die unmittelbarer Mitunternehmer ist, begünstigt.

Änderung des Grunderwerbsteauergesetzes

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts wurden Sach- und Rechtsmängel weitgehend gleichgestellt. Das Grunderwerbsteuergesetz folgt dem, indem es als Grund für die Herabsetzung der Gegenleistung nunmehr auch Rechtsmängel anerkennt. Die Kaufpreisminderung ist vollzogen, wenn die Beteiligten den Minderungsanspruch geltend gemacht und erfüllt haben.

Änderung des Umsatzsteuergesetzes

Nach der Neuregelung muss eine elektronische Abrechnung entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur mit Anbieter-Akkreditierung versehen sein.

Änderung der Abgabenordnung

Die gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhinterziehung wird als Verbrechen nur noch dann mit einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren verfolgt, wenn Steuern in großem Ausmaß verkürzt wurden. In minder schweren Fällen beträgt die Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Ein minder schwerer Fall liegt vor, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen eine Selbstanzeige möglich ist und diese auch erfolgt. Nur Fälle großen Ausmaßes können Vortat einer Geldwäsche sein.

Hinweis:

Die beschlossenen Änderungen mildern die ursprüngliche Vorschrift der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung ab. Dennoch bleibt diese auch in den minder schweren Fällen ein Verbrechenstatbestand. Den Strafverfolgungsbehörden stehen daher alle Ermittlungsarten nach der Strafprozessordnung zu. Es darf auch nicht übersehen werden, dass sich durch die Gesetzesänderung die Wirkung der Selbstanzeige verändert hat. Während sie in den Fällen der "normalen" Steuerhinterziehung strafbefreiende Wirkung hat, kommt ihr bei der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung lediglich eine strafmindernde Wirkung zu. Sind bei einer gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung die Voraussetzungen der Selbstanzeige erfüllt und erfolgt die Selbstanzeige, liegt ein minder schwerer Fall vor, der mit einem Mindeststrafmaß von drei Monaten Freiheitsstrafe geahndet wird.

Der Begriff "Verkürzung von Steuern in großem Ausmaß" ist nicht gesetzlich definiert und auch nicht an der absoluten Höhe des Hinterziehungsbetrags abzugrenzen. Es scheint sich aber abzuzeichnen, dass der Bundesgerichtshofs erst ab einem Hinterziehungsbetrag von 500.000 EUR ein großes Ausmaß bejaht. Entscheidend sind aber die Umstände im Einzelfall.

Zwar bleibt die gewerbs- und bandenmäßige Steuerhinterziehung eine Vortat der Geldwäsche, durch eine Änderung des Strafgesetzbuchs wurde aber sichergestellt, dass der Berater nur dann in den Verdacht einer Geldwäsche kommt, wenn seine Honorare konkret aus dem durch die Steuerhinterziehung erlangten Vermögensvorteil stammen. Die Beratung der Steuerpflichtigen, die unter dem Verdacht der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung stehen, ist somit grundsätzlich wieder möglich.

Quelle: NWB 2002 S. 2261, DStR 30/2002 S. VI

 

 

4.     Erläuterungen zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung

 

Ab dem 1. Januar 2002 hat die Finanzverwaltung das Recht, die vom Steuerpflichtigen mit Hilfe eines EDV-Programms erstellte Buchführung und andere gespeicherte Daten durch einen Datenzugriff zu überprüfen. Der Betriebsprüfer kann nach seinem Ermessen entscheiden, ob er einen unmittelbaren Datenzugriff oder einen mittelbaren Datenzugriff durchführen möchte oder eine Datenträgerüberlassung wünscht. Er kann auch eine Kombination dieser drei Möglichkeiten verlangen.

Bei dem unmittelbaren Datenzugriff nutzt der Prüfer das betriebliche EDV-System. Ihm ist ein Nur-Lesezugriff auf die Daten einzuräumen. Der Prüfer darf die Buchhaltungsdaten, die Stammdaten und auch Verknüpfungen z.B. zwischen Tabellen einer Datenbank einsehen. Er ist auch berechtigt, vorhandene Auswertungsprogramme zwecks Filterung oder Sortierung der Daten zu benutzen.

Beim mittelbaren Datenzugriff kann der Prüfer verlangen, dass die Daten nach seinen Vorgaben vom Unternehmer oder einem Dritten maschinell ausgewertet werden, um anschließend einen Nur-Lesezugriff durchzuführen. Es darf aber nur eine Auswertung oder Aufbereitung der Daten mit den auf dem EDV-System vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten verlangt werden. Der Unternehmer ist verpflichtet, dem Prüfer mit einer mit dem EDV-System vertrauten Person zu unterstützen; die Kosten trägt der Unternehmer.

Bei der Datenträgerüberlassung sind dem Prüfer mit den gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen alle zur Auswertung der Daten erforderlichen Daten in maschinell auswertbarer Form zur Verfügung zu stellen. Das gilt auch dann, wenn sich die Daten bei Dritten befinden (z.B. in einem Rechenzentrum).

1. Erläuterungen zu den rechtlichen Grundlagen

Der Betriebsprüfer ist in keinem Fall berechtigt, selbständig Daten zwecks Sicherung oder späterer Weiterverarbeitung von dem betrieblichen EDV-System herunterzuladen oder Kopien vorhandener Datensicherungen vorzunehmen. Entscheidet er sich für die Datenträgerüberlassung, um z.B. die Daten mittels einer Prüfsoftware zu überprüfen, muss der Unternehmer die dazu erforderlichen Daten auf einem Datenträger speichern und dem Prüfer überlassen. Sollte sich nach der Datenanalyse ergeben, dass eine vertiefte Überprüfung erforderlich ist, kann der Betriebsprüfer zum unmittelbaren oder mittelbaren Datenzugriff übergehen. er kann auch verlangen, dass ein weiterer Datenträger mit bislang noch nicht bereitgestellten Daten vom Unternehmer angefertigt und ihm ausgehändigt wird.

Wichtig:

Der Betriebsprüfer darf selbständig keine Daten des Unternehmers von dem betrieblichen EDV-System auf Datenträger abspeichern. Er kann dies aber vom Unternehmer verlangen.

Was sind steuerlich relevante Daten?

Zu diesem Begriff gibt es keine allgemein gültige Definition. Die Finanzverwaltung umschreibt ihn wie folgt: Steuerlich relevant sind Daten immer dann, wenn sie für die Besteuerung des jeweiligen Steuerpflichtigen von Bedeutung sind. Es ist also auf die Besteuerung des jeweiligen Steuerpflichtigen abzustellen.

Wichtig:

Es ist Aufgabe des Steuerpflichtigen, die steuerrelevanten Daten von den anderen Daten abzugrenzen. Dabei sind auch datenschutzrechtliche oder berufsspezifische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Gibt es wegen der Abgrenzung Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Betriebsprüfer und dem Steuerpflichtigen, ist im Einzelfall zu entscheiden, welche Folgerungen zu ziehen sind.

Es besteht kein Verwertungsverbot für versehentlich freiwillig überlassene Daten.

Datenzugriff auf vorangegangene Wirtschaftsjahre

Die Finanzverwaltung hat das Recht, ab dem 1. Januar 2002 auch auf die elektronisch vorgehaltenen Daten vorangegangener Wirtschaftsjahre zuzugreifen. Allerdings brauchen Daten, die vor dem 1. Januar 2002 archiviert wurden, nicht wieder eingespielt zu werden, wenn dies mit unverhältnismäßig hohem Aufwand für das Unternehmen verbunden ist (z.B. bei fehlender Speicherkapazität, Wechsel von Hard- und Software, Archivierung außerhalb des aktuellen EDV-Systems).

2. Informationen zur Prüfsoftware der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung benutzt zur Prüfung der Daten, die durch Datenträgerüberlassung auf die Laptops der Außenprüfer überspielt wurden, eine frei verkäufliche und von Wirtschaftsprüfern eingesetzte Software. Die Prüfer sind nicht berechtigt, diese auf den EDV-Systemen des Unternehmens zu installieren. Wird ein unmittelbarer oder mittelbarer Datenzugriff durchgeführt, dürfen nur die auf dem EDV-System des Unternehmens vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten genutzt werden.

Da die Prüfsoftware nur bestimmte Dateiformate erkennt, muss der Unternehmer sicherstellen, dass die in seinem EDV-System gespeicherten Daten in diese Formate konvertiert werden können. Folgende Formate können problemlos gelesen werden: ASCII feste Länge, ASCII Delimited, EBCDIC feste Länge, EBCDIC variable Länge, Excel, Access, dBASE, Lotus 123, ASCII Druckdateien, Dateien von SAP/AIS, Konvertieren von AS/400 Datensatzbeschreibungen in RDE-Datensatzbeschreibungen, Import durch ODBC-Schnittstelle.

Neben den eigentlichen Daten müssen der Finanzverwaltung auch die zur Auswertung erforderlichen Informationen wie Formatangaben, Dateistruktur, Felddefinitionen und Verknüpfungen überlassen werden. Da dies in der Praxis häufig Probleme macht, stimmt die Finanzverwaltung derzeit mit Herstellern von Buchhaltungssoftware einheitliche technische Bereitstellungshilfen ab. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse soll in Kürze erfolgen.

3. Aufbewahrungs- und Archivierungsanforderungen

Eine Pflicht zur Digitalisierung aller eingehender Unterlagen (z.B. Eingangsrechnungen, Belege, Geschäftsbriefe) besteht nicht. Wenn der Unternehmer aus betrieblichen Gründen aber eine Digitalisierung vornimmt und die Papierdokumente vernichtet, sind die digitalen Unterlagen nach den allgemeinen Aufbewahrungsregeln zu archivieren; sie unterliegen dann auch dem Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung.

Hinweis:

Es gilt die Faustregel: Alle Daten, die beim Steuerpflichtigen einmal auf einem maschinell lesbaren Datenträger gespeichert waren, sind auch in dieser Form vorzuhalten, damit sie von der Finanzverwaltung maschinell ausgewertet werden können.

Auch Emails unterliegen den Aufbewahrungsregelungen, wenn sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Sie müssen für den Datenzugriff der Finanzverwaltung maschinell auswertbar vorgehalten werden. Originär digitale Unterlagen sind während der gesamten gesetzlichen Aufbewahrungsfrist in maschinell lesbarer und auswertbarer Form vorzuhalten. Eine alleinige Archivierung auf Mikrofilm ist nicht ausreichend.

Hinweis:

Gegen Verstöße gegen die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen kann die Finanzverwaltung die üblichen Sanktionen verhängen. Je nach Einzelfall kommen z.B. Bußgelder, Zwangsmittel oder auch Schätzungen in Betracht.

Quelle: BMF-Übersicht vom 1. Juli 2002, www.bundesfinanzministerium.de

 

 

5.     Zeitpunkt der Aktivierung des Anspruchs auf Körperschaftsteuerminderung

 

An das Bundesfinanzministerium wurde die Frage gerichtet, ob der Anspruch auf Minderung der Körperschaftsteuer 2002, der sich nach der Neufassung des Körperschaftsteuergesetzes infolge einer in 2002 beschlossenen und abgeflossenen Gewinnausschüttung für 2001 ergibt, handelsrechtlich bereits in der Schlussbilanz für das Geschäftsjahr 2001 einzubuchen und damit Bestandteil des Jahresergebnisses 2001 ist.

Nach dem grundsätzlich auf der Ebene der Gesellschaft für Ausschüttungen bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Anrechnungsverfahren galt für Ausschüttungen ein anderer Körperschaftsteuersatz als für einbehaltene Gewinne. Der Anspruch auf die Körperschaftsteuerminderung auf Ausschüttungen, die den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprachen, bezog sich auf das Jahr, für das ausgeschüttet wurde. Die Körperschaftsteuer für dieses Jahr war unter Berücksichtigung des Ausschüttungssteuersatzes zu ermitteln. Durch die insoweit niedrigere Körperschaftsteuerbelastung erhöhte sich das Ergebnis des Jahres, für das ausgeschüttet wurde.

Nach dem Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren ab 2001 gibt es nur einen einheitlichen Körperschaftsteuersatz; zu einer Minderung der Körperschaftsteuerbelastung infolge einer Ausschüttung ab 2002 kommt es hierdurch nicht mehr. Allerdings stellte sich mit dem Systemwechsel die Frage, ob und ggf. auf welche Weise das im Umstellungszeitpunkt rein rechnerisch bei noch nicht ausgeschütteten Gewinnen vorhandene Körperschaftsteuerminderungsguthaben den Unternehmen gutgebracht werden sollte. Der Gesetzgeber hat sich entschlossen, dieses Guthaben bezogen auf das einzelne Unternehmen festzuhalten und es ab 2002 innerhalb einer Übergangszeit von 15 Wirtschaftsjahren ausschüttungsabhängig auszuzahlen. Der Anspruch wird in Höhe von 1/6 der jeweiligen Gewinnausschüttung fällig und mindert im Jahr der Ausschüttung die für dieses Jahr festzusetzende Körperschaftsteuer. Das Anknüpfen an eine Ausschüttung ist hierbei rein technischer Natur und hat - anders als beim Anrechnungsverfahren - keinen rechtlichen Einfluss auf die Höhe der Körperschaftsteuer des Jahres, für das ausgeschüttet wird.

Aus diesen Gründen ist deshalb in der Handels- und Steuerbilanz für das Jahr 2001 kein Anspruch auf Körperschaftsteuerminderung für die in 2002 vorzunehmende Gewinnausschüttung zu berücksichtigen. Dieser Auffassung stimmt auch das Bundesjustizministerium zu.

Quelle: BMF-Schreiben vom 16. Mai 2002, IV A 2 S 2741 4/02, LEXinform Nr. 0576541

 

 

6.     Bürogebäude als wesentliche Betriebsgrundlage bei einer Betriebsaufspaltung

 

Der Bundesfinanzhof hat im Jahr 2000 ein Urteil zur Problematik der Begründung einer Betriebsaufspaltung durch die Verpachtung von Büro- und Verwaltungsgebäuden an die Betriebsgesellschaft gefällt. Demnach sind Büro- und Verwaltungsgebäude immer dann wesentliche Betriebsgrundlagen, wenn die Grundstücke für die Betriebsgesellschaft von nicht untergeordneter Bedeutung sind. Hiervon sei bei einer Anmietung durch die Betriebsgesellschaft regelmäßig auszugehen, wenn diese das Büro- und Verwaltungsgebäude benötige, es für betriebliche Zwecke der Betriebsgesellschaft geeignet und wirtschaftlich nicht von untergeordneter Bedeutung sei. Lägen diese Voraussetzungen vor, sei von einer sachlichen Verflechtung im Sinne einer Betriebsaufspaltung auszugehen.

Nach einem aktuellen Schreiben des Bundesfinanzministeriums sind in den Fällen, in denen allein die Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils zur Entstehung einer Betriebsaufspaltung führt, aber die Voraussetzungen hierfür vor dem 1. Januar 2003 wieder entfallen, die Urteilsgrundsätze auf Antrag nicht anzuwenden.

Steuerpflichtige, die von der Übergangsregelung Gebrauch machen wollen, können dies bis zur Unanfechtbarkeit des entsprechenden Steuerbescheids beantragen. Der Antrag kann nicht widerrufen werden.

Hinweis:

Damit hat die Finanzverwaltung die Frist zur Anpassung an die neue Rechtslage ein weiteres Mal verlängert. Sollten Sie im Zweifel sein, ob bei Ihnen aufgrund der neuen Grundsätze eine Betriebsaufspaltung vorliegt, sprechen Sie uns umgehend an.

Quelle: BMF-Schreiben vom 11. Juni 2002, IV A 6 S 2240 70/02, DStR 2002 S. 1094

 

 

7.     Haftung des Geschäftsführers bei Nichtzahlung der Lohnsteuer

 

Der Arbeitgeber hat die Steuer, die auf den Arbeitslohn seiner Arbeitnehmer entfällt, einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Für diese Steuer haftet der Arbeitgeber, auch wenn der Arbeitnehmer grundsätzlich Schuldner der Lohnsteuer ist. Auch in Zeiten finanzieller Engpässe muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass die Lohnsteuer korrekt abgeführt wird. Reicht der Barlohn nicht aus, ist er entsprechend zu kürzen.

Ist der Arbeitgeber eine GmbH, kommt eventuell eine Haftung des Geschäftsführers für nicht korrekt abgeführte Lohnsteuer in Betracht. Dies ist dann der Fall, wenn dem Geschäftsführer eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nachgewiesen werden kann. Um diese Frage ging es auch in folgendem Streitfall:

Eine GmbH, die mehrere Arbeitnehmer beschäftigte, geriet in Zahlungsschwierigkeiten. Bis zur Anmeldung der Insolvenz wurden die Lohnsteuern zwar korrekt angemeldet, jedoch in den ersten Monaten zu spät und nachfolgend gar nicht mehr an das Finanzamt abgeführt. Das Finanzamt nahm daraufhin nach einer Anhörung einen der Geschäftsführer für die Lohnsteuer- und Lohnsteuernebenbeträge in Haftung. Der Einspruch gegen den Haftungsbescheid blieb erfolglos. In seiner Klage vor dem Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht machte der Geschäftsführer geltend, dass der GmbH ein Großauftrag in Aussicht gestellt wurde, der einen hohen monatlichen Zahlungseingang zur Folge gehabt hätte. Tatsächlich habe der Auftraggeber die GmbH aber immer weiter mit dem Beginn des Auftrags vertröstet; schließlich sei er ganz ausgeblieben. In der Zwischenzeit habe man die Arbeitnehmer nicht entlassen können, sondern für die zu erwartende Arbeit bereithalten müssen. Er habe sich außerdem immer um die Begleichung der Finanzamtsverbindlichkeiten bemüht; allerdings hätten die Zahlungseingänge dazu aber nicht ausgereicht. Außerdem habe er auch die Forderungen anderer Gläubiger nicht mehr vollständig bedienen können und sich um eine quotale Bezahlung bemüht.

Die Klage war nicht erfolgreich. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Inanspruchnahme des Geschäftsführers zu Recht erfolgt sei. Denn als Geschäftsführer habe der Kläger die Pflicht dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die er verwalte. Diese Pflicht habe er grob fahrlässig versäumt. In Zeiten finanzieller Engpässe müsse der Geschäftsführer darauf achten, dass, wenn die vorhandenen Mittel zur Entrichtung der Lohnsteuer nicht ausreichen, die Löhne nur gekürzt an die Arbeitnehmer ausgezahlt werden. Geschehe dies nicht, weil der Geschäftsführer darauf vertraue, dass spätere Zahlungseingänge die rückständigen Steuerforderungen deckten, gehe er ein Haftungsrisiko ein; die Nichtrealisierung der Erwartung liege in seiner Risikosphäre.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 27. März 2002, V 121/01, LEXinform Nr. 0574533

 

 

8.     Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von steuerbefreiten Berufsverbänden

 

Die Satzungen steuerbefreiter Berufsverbände ohne öffentlich-rechtlichen Charakter weisen nicht selten das Unterhalten eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs als Satzungszweck aus. Insbesondere gewähren sie ihren Mitgliedern satzungsmäßig Rechtsschutz und Rechtsberatung als besonderen wirtschaftlichen Vorteil. Die Oberfinanzdirektion Hannover vertritt zu der Frage, ob ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb in der Satzung des Berufsverbands (neben dessen anderen Zwecken) ausgeführt werden kann, die Auffassung, dass dies nicht zu beanstanden sei. In Abkehr von der bisher vertretenen Auffassung sei es nicht schädlich, wenn auch die wirtschaftliche Tätigkeit in der Satzung ausgewiesen sei. Dem Gesetz sei nichts anderes zu entnehmen.

Aus Vereinfachungsgründen lässt die OFD es zu, dass das steuerliche Ergebnis des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs "Rechtsberatung" pauschal mit Null Euro angesetzt wird.

Quelle: OFD-Hannover, Verfügung vom 6. Juni 2002, S 2725 32 StH 233, LEXinform Nr. 0576605

 

 

9.     Drittaufwand bei eigener Leistungspflicht

 

Ein selbständig tätiger Steuerpflichtiger mietete mit seiner Verlobten eine Wohnung. Der Mietvertrag wurde von beiden Mietern unterschrieben. Die Mietzahlungen erfolgten zunächst vom Konto des Steuerpflichtigen. Da er in der Wohnung auch ein Arbeitszimmer beruflich nutzte, machte er einen Teil der Mietaufwendungen als Betriebsausgaben geltend. Im Streitjahr wurden die Mietzahlungen vom Konto der Verlobten abgebucht. Das Finanzamt erkannte darauf hin den Betriebsausgabenabzug für das beruflich genutzte Arbeitszimmer nicht mehr an. In seinem Einspruch und der nachfolgenden Klage machte der Steuerpflichtige geltend, er habe mit seiner Verlobten eine gemeinsame Haushaltskasse geführt; der eine habe dies bezahlt, der andere jenes. Daher seien die von der Verlobten gezahlten Mietaufwendungen in seiner Gewinnermittlung steuerlich zu berücksichtigen.

Diese Auffassung teilten die Richter des Niedersächsischen Finanzgerichts nicht. Nach den für die Gewinnermittlung geltenden allgemeinen Grundsätzen müsse jede Aufwendung, die in der Gewinn- und Verlustrechnung angesetzt werden solle, das Eigenkapital des Steuerpflichtigen mindern. Jeder Steuerpflichtige dürfe daher nur die ihm persönlich zuzurechnenden Einnahmen und Aufwendungen berücksichtigen. Allerdings könnten Aufwendungen auch dann als eigene Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn ein Dritter dem Steuerpflichtigen einen Geldbetrag zuwenden wolle und zur Abkürzung des Zahlungswegs Verbindlichkeiten des Steuerpflichtigen begleiche, die aus aufwandsverursachenden Vorgängen entstanden seien.

Im Streitfall lägen die Voraussetzungen für die Annahme eines abgekürzten Zahlungswegs nicht vor. Denn der Mietvertrag sei auch mit der Verlobten des Steuerpflichtigen abgeschlossen worden. Diese sei neben dem Steuerpflichtigen Schuldnerin der Mietforderung. Folglich habe sie mit der Überweisung der Miete eine eigene Verbindlichkeit beglichen. Die bei ihr eingetretene Vermögensminderung könne dem Steuerpflichtigen nicht als Drittaufwand zugerechnet werden.

Hinweis:

Achten Sie in vergleichbaren Fällen darauf, dass Aufwendungen von demjenigen getragen werden, der sie steuerlich berücksichtigen möchte. Wenn Sie und Ihr Lebenspartner zwar unterschiedliche Konten führen, gemeinsame Ausgaben aber mal von dem einen, mal von dem anderen Konto begleichen, müssen Sie dennoch steuerlich eine genaue Trennung durchführen. Denn steuerlich kann nur derjenige seine Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzen, der sie auch tatsächlich getragen hat.

Quelle: Niedersächsisches FG, Urteil vom 28. August 2001, 2 K 82/99, rkr., EFG 2002 S. 604

 

 

10.  Steuerrechtliche Beurteilung der anschaffungsnahen Aufwendungen

 

Die Problematik der so genannten anschaffungsnahen Aufwendungen hat seit längerer Zeit die Gerichte beschäftigt. Grund ist eine Regelung, die durch die Finanzverwaltung entwickelt wurde und sich zu Lasten von Steuerpflichtigen auswirkte, die eine gebrauchte Immobilie in der Absicht erworben haben, sie zu renovieren und anschließend zu vermieten oder eigenbetrieblich zu nutzen.

Bisher hat die Finanzverwaltung Aufwendungen, die innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung der Immobilie angefallen sind, pauschal zu den Anschaffungskosten gerechnet, wenn die Aufwendungen 15% der Anschaffungskosten überstiegen. Die entsprechenden Beträge konnten daher nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgesetzt werden, sondern wirkten sich lediglich über die Abschreibung verteilt über die Nutzungsdauer des Gebäudes steuermindernd aus. Diese Regelung wurde nun vom Bundesfinanzhof gekippt. Das Urteil aus dem Jahr 2001 wurde erst vor kurzem veröffentlicht.

Im Streitfall hatte ein Steuerpflichtiger ein mit Wohnungen und einem Ladengeschäft bebautes Grundstück zum Preis von 270.000 DM erworben, das er anschließend vermietete. In den folgenden drei Jahren machte er Werbungskosten in Höhe von insgesamt etwa 145.000 DM geltend. Es handelte sich um Erhaltungsaufwendungen, die aus dem Einbau von Isolierglasfenstern, den Austausch der Ofenheizung gegen Etagenheizung, die Modernisierung von zwei Bädern sowie aus Aufwendungen zur Erneuerung des Ladengeschäfts entstammten. Das Finanzamt erkannte die Werbungskosten mit der Begründung nicht an, dass anschaffungsnaher Herstellungsaufwand vorläge. Es erhöhte die Anschaffungskosten um 145.000 DM und unterwarf ihn der Abschreibung. Dagegen wandte sich der Steuerpflichtige.

Der Rechtsstreit drehte sich letztendlich um die Frage, ob die vom Steuerpflichtigen getätigten Aufwendungen wie vom Finanzamt behauptet Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten sind. Dabei verneinten die Richter die Qualifizierung als Anschaffungskosten. Denn Anschaffungskosten seien solche Aufwendungen, die getätigt würden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie einzeln zugeordnet werden könnten, sowie die Nebenkosten und die nachträglichen Anschaffungskosten. Im Streitfall seien die Aufwendungen aber nicht zum Erwerb des Grundstücks getätigt worden. Auch habe es bereits im Zeitpunkt des Erwerbs einen betriebsbereiten Zustand gehabt, denn der Steuerpflichtige habe die Vermietung bereits zu diesem Zeitpunkt betrieben.

Herstellungskosten sind Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern oder die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder seine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, die für sich allein noch als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären, können nach Auffassung des BFH in ihrer Gesamtheit zu einer wesentlichen Verbesserung und somit zu Herstellungskosten führen, wenn durch die Maßnahmen der Gebrauchswert des Gebäudes gegenüber dem ursprünglichen Zustand wesentlich verbessert werde. Dies sei immer dann der Fall, wenn der Gebrauchswert des Gebäudes von einem niedrigen auf einen mindestens mittleren, oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standart gehoben werde. Bei einfachen Wohnungen sei dies besonders an den Heizungs-, Sanitär- und Elektroanlagen sowie den Fenstern auszumachen. Würden diese Einrichtungen bei der Baumaßnahme nicht nur in zeitgemäßer Form ersetzt, sondern darüber hinaus in ihrer Funktion deutlich erweitert und ergänzt und dadurch der Wohnkomfort deutlich gesteigert, dann werde das Wohnhaus wesentlich verbessert mit der Folge, dass diese Aufwendungen als Herstellungskosten zu qualifizieren seien. Dabei seien die einzelnen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit zu betrachten und zu prüfen, ob ein Gesamtplan vorliege. Es sei aber nicht zulässig, Aufwendungen allein wegen ihrer Höhe oder ihres zeitlichen Zusammenhangs mit der Anschaffung als Herstellungskosten zu qualifizieren.

Hinweis:

Der BFH hat den Streitfall zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurück verwiesen. Bei der Urteilsfindung müssen die Richter die vom BFH aufgestellten Grundsätze berücksichtigen.

Zwar ist es aus Sicht der Steuerpflichtigen zu begrüßen, dass der BFH die bisherigen Regelungen zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten aufgehoben hat. Zukünftig kann das Finanzamt den Abzug der Aufwendungen nicht mehr mit der Begründung des zeitlichen Zusammenhangs mit der Anschaffung oder der Höhe der Aufwendungen im Verhältnis zu den Anschaffungskosten verweigern.

Allerdings wird die Abgrenzungsfrage voraussichtlich auch zukünftig die Gerichte beschäftigen. Denn nach dem Urteil des BFH ist immer zu untersuchen, ob die Aufwendungen zu einer wesentlichen Verbesserung des Gebäudes geführt haben. Dabei sind die einzelnen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Denn Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen innerhalb eines Veranlagungszeitraums können als Herstellungskosten beurteilt werden, wenn sie zwar für sich gesehen nicht zu einer wesentlichen Verbesserung geführt haben, aber Teil einer Gesamtmaßnahme sind, die sich planmäßig in zeitlichem Zusammenhang über mehrere Veranlagungszeiträume erstreckt und die insgesamt zu einer wesentlichen Verbesserung führt (Sanierung in Raten).

Quelle: BFH-Urteil vom 12. September 2001, IX R 39/97, LEXinform Nr. 0574686

 

 

11.  Archivierung von Lieferscheinen auf CD

 

Lieferscheine sind als empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe sechs Jahre lang aufzubewahren. Werden sie als Buchungsbelege genutzt, verlängert sich die Aufbewahrungsfrist auf zehn Jahre. Grundsätzlich können in Papierform empfangene Lieferscheine dabei auch als Wiedergabe auf einem Datenträger aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht. Dies setzt u.a. voraus, dass die Wiedergabe bildlich mit dem Original übereinstimmt. Dabei müssen alle auf dem Original angebrachten Vermerke (Eingangsstempel, Sicht- und Kontrollvermerke, Korrekturen, Kontierungen etc.) erhalten bleiben. Aufzubewahrende Unterlage ist folglich nur der Lieferschein, der dem Kunden zeitnah mit der jeweiligen Lieferung im Original zugegangen ist, und zwar unabhängig davon, ob der Kunde auf diesem empfangenden Lieferschein tatsächlich Vermerke angebracht hat.

Teilweise erstellen auch Lieferanten anhand ihrer eigenen Unterlagen Archivierungs-CDs für ihre Kunden. Die Oberfinanzdirektion Frankfurt weist darauf hin, dass diese von den Lieferanten erstellten Archivierungs-CDs den Steuerpflichtigen nicht von der Aufbewahrung der empfangenen Lieferscheine entbindet. Denn die von den Lieferanten erstellten CDs geben nicht die Originale der aufbewahrungspflichtigen Lieferscheine wieder, sondern die Unterlagen eines Dritten.

Hinweis:

Die Aufbewahrungsfrist für Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Unterlagen sowie für die Buchungsbelege beträgt zehn Jahre. Für die empfangenen und abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe sowie für sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, beträgt sie sechs Jahre. Die Unterlagen sind geordnet aufzubewahren. Mit Ausnahme der Jahresabschlüsse und der Eröffnungsbilanz kann die Aufbewahrung der Unterlagen unter bestimmten Voraussetzungen auch auf einem Bild- oder Datenträger erfolgen.

Quelle: OFD-Frankfurt, Verfügung vom 24. Mai 2002, S 0317 A 3 St III 24, DStR 2002 S. 1094

 

 

12.  Angabe der Steuernummer in der Rechnung

 

Das Bundesfinanzministerium hat in einem Schreiben weitere Regelungen zur Angabe der Steuernummer in Rechnungen ab dem 31. Juni 2002 bekanntgegeben.

Demnach müssen die Rechnungsaussteller die vom Finanzamt zum Zweck der Besteuerung vergebene Steuernummer in der Rechnung angeben. Wenn das Finanzamt eine besondere Umsatzsteuernummer erteilt hat, ist diese anzugeben. Wird z.B. bei Verlagerung des Firmensitzes eine neue Steuernummer erteilt, ist nur noch diese zu verwenden. Die Angabe der vom Bundesamt für Finanzen erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer reicht nicht aus. Auch muss die Steuernummer in der Rechnung ausgewiesen werden; eine Angabe in anderen Unterlagen erfüllt die Anforderungen nicht.

Wird im Wege von Gutschriften abgerechnet, muss die Steuernummer des leistenden Unternehmers auch in der Gutschrift enthalten sein; der leistende Unternehmer muss dem Gutschriftsaussteller die Steuernummer mitteilen.

Rechnet der Unternehmer auf einer Rechnung für ein Eigengeschäft (Abrechnung in eigenem Namen auf eigene Rechnung) und für einen vermittelten Umsatz (Abrechnung erfolgt in fremdem Namen und für fremde Rechnung) ab, so muss der Unternehmer für das Eigengeschäft die eigene Steuernummer angeben. Für den vermittelten Umsatz hat er die Steuernummer des leistenden Unternehmers anzugeben. Auf der Rechnung eines Tankstellenbetreibers ist folglich die Steuernummer der Mineralölgesellschaft anzugeben, da die Lieferung der Kraftstoffe im Namen und auf Rechnung der Mineralölgesellschaft erfolgt. Werden Eigenumsatz und vermittelter Umsatz auf einer Rechnung abgerechnet, kann anhand von Ziffern oder Symbolen eine Zuordnung der jeweiligen Steuernummer erfolgen.

Verträge können unter bestimmten Umständen als Rechnungen anzusehen sein. Ein nach dem 30. Juni 2002 abgeschlossenen Vertrag erfüllt die gesetzlichen Anforderungen, wenn er die Steuernummer des leistenden Unternehmers enthält. Der Hinweis im Vertrag auf andere Unterlagen, die die Steuernummer enthalten, genügt nicht. Erteilt das Finanzamt dem leistenden Unternehmer eine neue Steuernummer, ist der Vertragspartner in geeigneter Weise darüber zu informieren. Die leichte Nachprüfbarkeit muss beim Leistungsempfänger gewährleistet sein.

Hinweis:

Nach dem BMF-Schreiben ist es nicht erforderlich, dass der Unternehmer die vom Finanzamt erteilte Steuernummer um zusätzliche Angaben ergänzt (wie z.B. Name und Anschrift des Finanzamts, Finanzamtsnummer oder Länderschlüssel).

Das Bundesministerium weist auch darauf hin, dass die Angabe der Steuernummer in der Rechnung keine Voraussetzung zum Vorsteuerabzug ist. Dies gilt ebenfalls für Gutschriften.

Quelle: BMF-Schreiben vom 28. Juni 2002, IV B 7 S 7280 151/02, www.bundesfinanzministerium.de

 

 

13.  Überprüfung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern

 

Die Europäische Kommission bietet zur Überprüfung von USt-IDNr. einer Person in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen neuen Online-Dienst an, das so genannte "Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem". Es ist im Internet abrufbar unter der Adresse "http://europa.eu.int/comm/taxation_customs/vies/de/vieshome.htm". Für Anfragen in Deutschland ansässiger Unternehmer besteht außerdem der Service des Bundesamt für Finanzen unter der Adresse "http://www.bff-online.de/ust/useg/ustidbs.php.

Allerdings genügt eine einfache Abfrage und Kontrolle der USt-IDNr. über diese Online-Dienste nicht der dem Unternehmer obliegenden Sorgfaltspflicht. Dazu ist eine qualifizierte Abfrage erforderlich. Diese ist schriftlich, telefonisch oder per Email mit Angabe von Name, Ort Postleitzahl und Straße an das Bundesamt für Finanzen zu richten. Die Adresse: Bundesamt für Finanzen, Außenstelle Saarlouis, 66738 Saarlouis, Tel.: 06831/456120, Email: poststelle@bff-online.de.

Quelle: DStR 30/2002 S. XII

 

 

14.  Geschäftsveräußerung und Vorsteuerabzugsberechtigung

 

Eine Regelung des Umsatzsteuergesetzes besagt, dass grundsätzlich keine Vorsteuer abgezogen und vom Finanzamt erstattet werden darf, wenn die Eingangsumsätze zur Ausführung steuerfreier Ausgangsumsätze verwendet werden. Steuerfreie Umsätze sind solche Umsätze, die grundsätzlich unter das Umsatzsteuergesetz fallen, aber ausdrücklich von der Besteuerung ausgenommen sind. Davon zu unterscheiden sind nicht steuerbare Umsätze, die von vornherein nicht unter das Gesetz fallen. Die Unterscheidung ist wichtig, denn nicht steuerbare Umsätze berechtigen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug. Zu dieser Gruppe gehört auch der Umsatz aus einer Geschäftsveräußerung im Ganzen.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat nun in einem rechtskräftigen Urteil entschieden, dass allein eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die Eingangsumsätze in der Absicht getätigt wurden, steuerfreie Ausgangsumsätze auszuführen und tatsächlich auch keine steuerpflichtigen Umsätze getätigt wurden.

Diesem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Eine GmbH erwarb ein bebautes Grundstück, dass sie durch andere Unternehmen mit der Absicht sanieren ließ, die einzelnen Objekte an private Interessenten umsatzsteuerfrei zu veräußern. Noch während der Sanierungsphase geriet die GmbH in Zahlungsschwierigkeiten; sie veräußerte das Grundstück im Ganzen an einen Erwerber. Da das Grundstück die wesentliche Betriebsgrundlage der GmbH war, handelte es sich unstreitig um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen. In ihrer Umsatzsteuererklärung machte die GmbH die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der mit der Sanierung beauftragten Firmen geltend. Sie war der Ansicht, dass die nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen den Vorsteuerabzug nicht ausschließt. Das Finanzamt teilte diese Ansicht nicht und versagte den Vorsteuerabzug.

Dem schloss sich das Finanzgericht an. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entstehe das Recht zum Vorsteuerabzug mit dem jeweiligen Leistungsbezug und richte sich auch nach seinem Umfang nur nach der im jeweiligen Besteuerungszeitraum des Leistungsbezug tatsächlichen oder beabsichtigten Verwendung. Daher komme es für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug entscheidend darauf an, ob der Unternehmer im Zeitpunkt des Leistungsbezugs die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht habe, die Eingangsumsätze für solche Ausgangsumsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschlössen. Der Vorsteuerabzug sei also auszuschließen, wenn der Unternehmer die Absicht habe, steuerfreie Ausgangsumsätze zu tätigen.

Im Streitfall habe die GmbH im Zeitpunkt der Sanierungsarbeiten, also im Zeitpunkt des Leistungsbezugs beabsichtigt, die Objekte umsatzsteuerfrei an Privatleute zu veräußern. Daher sei der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Auf die nicht steuerbare Geschäftsveräußerung komme es daher nicht mehr an.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. März 2002, 6 K 2217/99, rkr., LEXinform Nr. 0574510

 

 

15.  Vorsteuerabzug für Privatwohnung im Geschäftshaus

 

Ein Unternehmer errichtete ein Gebäude, in dem sich neben den geschäftlich genutzten Räumlichkeiten auch seine Privatwohnung befand. In seiner Umsatzsteuererklärung beantragte er den Abzug der auf die gesamten Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge. Doch das Finanzamt gewährte nur den Abzug der Vorsteuerbeträge, die auf die Herstellungskosten der unternehmerisch genutzten Räume entfielen. Das Finanzgericht, dass der Unternehmer nach erfolglosem Einspruch anrief, bestätigte die Rechtsauffassung des Finanzamts. Mit der Begründung, die Vorgehensweise des Finanzamts verstoße gegen das übergeordnete europäische Recht, legte der Unternehmer Revision beim Bundesfinanzhof ein. Dieser legte die strittige Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof vor. Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs hat nunmehr in seinem Schlussantrag die Frage zugunsten des Unternehmers entschieden. Das endgültige Urteil des Gerichts liegt noch nicht vor.

In seinem Schlussantrag bestätigte der Generalanwalt die bisherige Rechtsprechung des EuGH, nach der der Unternehmer entscheiden könne, ob ein sowohl unternehmerisch als auch nicht-unternehmerisch genutzter Gegenstand dem Unternehmensvermögen vollständig, gar nicht oder anteilig zugeordnet werden soll. Diese Entscheidungsfreiheit bestünde auch bei gemischt genutzten Gebäuden. Die bisherige deutsche Rechtsauffassung, nach der die Nutzung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken des Unternehmers in einem vollständig dem Unternehmen zugeordneten Gebäude wie eine Vermietung an eine Privatperson zu behandeln ist mit der Folge, dass diese Vermietung umsatzsteuerfrei, ein Verzicht auf die Steuerfreiheit und somit auch ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist, lehnt der Generalanwalt ab; diese Auffassung sei nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar.

Hinweis:

Sollte das Urteil des EuGH entsprechend der Rechtsauffassung des Generalanwalts ausfallen, bedeutet dies für die Unternehmer, dass bei Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes der Vorsteuerabzug auch für die Herstellungskostenanteile, die auf die Privatwohnung entfallen, geltend gemacht werden kann. Voraussetzung ist, dass das Gebäude insgesamt dem Unternehmen zugeordnet wird. Der jeweilige Nutzungswert für die Privatnutzung ist als Umsatz zu versteuern. Da der Vorsteuerabzug auf dem Prinzip des Sofortabzugs beruht, bildet er eine erhebliche Liquiditätserleichterung in der Herstellungsphase.

Falls bei Ihnen ein ähnlicher Fall vorliegt, sollten Sie die entsprechenden Steuerbescheide offen halten. Die Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Unternehmen ist zu dokumentieren und dem Finanzamt mitzuteilen. Wir helfen Ihnen dabei gerne.

Quelle: EuGH, Schlussantrag vom 16. Mai 2002, C 269/00, DStR 25/2002 S. X

 

 

16.  Fahrzeug-Leasing auf Veranlassung des Arbeitgebers

 

Ein Arbeitgeber machte seinen leitenden Angestellten folgendes Angebot: Die Angestellten sollten bei einer Leasing-Gesellschaft in eigenem Namen Leasingverträge über Fahrzeuge abschließen, die sowohl betrieblich als auch privat genutzt werden durften. Der Arbeitgeber wollte die Verhandlungen mit der Leasing-Gesellschaft mit dem Ziel führen, dass den Arbeitnehmern Großkunden-Konditionen eingeräumt werden. Alle mit der Fahrzeugnutzung verbundenen Kosten wollte der Arbeitgeber übernehmen. Es sollten darüber hinaus Verträge mit den Angestellten abgeschlossen werden, die zum Inhalt hatten, dass der Arbeitgeber jederzeit über die Verwendung der Fahrzeuge entscheiden, die Nutzung jederzeit widerrufen oder das Fahrzeug einem anderen Mitarbeiter zuordnen konnte. Der Arbeitgeber sollte auch darüber entscheiden, welche Versicherung abzuschließen war. Die Angestellten machten von dem Angebot Gebrauch. Sie schlossen die entsprechenden Verträge ab; der Arbeitgeber zahlte die Sondervorauszahlung, die Leasingraten und die übrigen Pkw-Kosten wie Steuer, Versicherung, Reparaturen und Kraftstoff. Für die private Nutzung wurde ein geldwerter Vorteil nach der so genannten 1%-Regelung ermittelt und der Lohnsteuer unterworfen.

Anlässlich einer Lohnsteuerprüfung vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, dass die 1%-Regelung nicht anwendbar sei. Denn der Arbeitgeber habe nicht etwa Fahrzeuge zur Nutzung überlassen, sondern Geldleistungen an die Arbeitnehmer erbracht. Denn nicht der Arbeitgeber sei Vertragspartner der Leasing-Gesellschaft gewesen, sondern die Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber habe mit den Zahlungen keine eigene finanzielle Verpflichtung, sondern die Verpflichtung der Arbeitnehmer erfüllt. Folglich läge keine Fahrzeugüberlassung, sondern Barlohn vor, der zur Abkürzung des Zahlungswegs direkt an die Leasing-Gesellschaft gezahlt wurde.

Dem widersprach der Bundesfinanzhof. Der Arbeitgeber sei bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Leasingnehmer anzusehen. Er habe vertraglich sämtliche mit den Fahrzeugen verbundenen finanziellen Verpflichtungen der Angestellten übernommen. Außerdem habe er die Verfügungsmacht über die Fahrzeuge, da er deren Nutzung durch die einzelnen Arbeitnehmer jederzeit einstellen oder ändern könne. Er habe auch die Verhandlungen mit der Leasing-Gesellschaft geführt und erreicht, dass die Arbeitnehmer Großkunden-Konditionen erhalten. Daher läge eine Fahrzeugüberlassung vor, die nach der 1%-Regelung der Lohnsteuer unterworfen werden muss.

Hinweis:

Im Streitfall wurden den Angestellten keine üblichen Pkw, sondern Campingmobile überlassen. Der BFH stellte klar, dass auch die Überlassung dieser Fahrzeuge unter die Regelungen der 1%-Methode fällt.

Quelle: BFH-Urteil vom 6. November 2001, VI R 62/96, LEXinform Nr. 0574156

 

 

17.  Private Pkw-Nutzung durch mehrere Arbeitnehmer

 

Zum Betriebsvermögen einer GmbH gehörte ein Pkw. Dieses Fahrzeug nutzten die beiden Geschäftsführer auch zu privaten Zwecken. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Anlässlich einer Lohnsteuerprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass für die private Nutzung des Pkw Lohnsteuer zu entrichten sei. Er setzte für jeden Geschäftsführer den geldwerten Vorteil mit monatlich 1% des Bruttolistenpreises an und unterwarf diesen Betrag der Lohnsteuer. Er berief sich auf die Lohnsteuerrichtlinie, die besagt, dass die Monatswerte auch dann anzusetzen seien, wenn das Fahrzeug dem Arbeitnehmer im Kalendermonat nur zeitweise zu privaten Verwendung zur Verfügung stehe oder wenn sich mehrere Arbeitnehmer die private Nutzung teilten.

Dieser Streitfall wurde bis vor den Bundesfinanzhof getragen. Dem Verfahren ist auch das Bundesfinanzministerium beigetreten, das seine in der Lohnsteuerrichtlinie wiedergegebene Rechtsauffassung verteidigte und somit die Vorgehensweise des Lohnsteuerprüfers unterstützte.

Der BFH kam zu einer anderen Rechtsauffassung. Der pauschaliert ermittelte geldwerte Vorteil aus der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz, das mehreren Arbeitnehmern zur Verfügung stehe, belaufe sich für jeden Kalendermonat auf insgesamt 1% des inländischen Listenpreises des Kfz im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer und sei nach Köpfen auf die Nutzungsberechtigten aufzuteilen. Damit entschied sich der BFH für eine fahrzeugbezogene Betrachtung, nach der der zu erfassende Nutzungswert bei mehreren Nutzern nicht zu vervielfältigen ist.

Hinweis:

Der BFH machte auch deutlich, dass bei einem Arbeitnehmer, der aus einem wechselnden Bestand an Fahrzeugen immer nur eines zu privaten Zwecken nutzen darf, auch nur einmal ein Nutzungsvorteil anzunehmen ist.

Quelle: BFH-Urteil vom 15. Mai 2002, VI R 132/00, DStR 2002 S. 1127

 

 

18.  Verwertung von Kundenunterlagen bei der Durchsuchung von Banken

 

Bei Banken und anderen Kreditinstituten kann die Finanzverwaltung, wie bei anderen Steuerpflichtigen auch, eine Betriebsprüfung anordnen und durchführen. Dabei ist aber auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunden Rücksicht zu nehmen. So dürfen Guthabenkonten oder Depots nicht zur Überprüfung der Besteuerung durch den jeweiligen Kunden anlässlich der Außenprüfung bei der Bank festgestellt oder kopiert werden. Auch das Verfassen von Kontrollmitteilungen soll diesbezüglich unterbleiben.

Dass diese grundsätzliche Vorschrift nicht lückenlos gilt, musste sich ein Steuerpflichtiger vom Bundesverfassungsgericht sagen lassen. Er war Kunde einer Bank, bei der Durchsuchungen wegen Beihilfe von Bankmitarbeitern zur Steuerhinterziehung stattfanden. Durchsuchungszweck war nach dem Inhalt der Durchsuchungsbeschlüsse des Ermittlungsrichters das Auffinden von Unterlagen, die Aufschluss über Geld- und Wertpapiertransfers nach Luxemburg oder in die Schweiz zum Zweck der Steuerhinterziehung geben könnten. In diesem Zusammenhang werteten die Ermittler auch Unterlagen zu Tafelgeldgeschäften aus, indem sie die internen Verrechnungskonten, über die diese Geschäfte abgewickelt wurden, mit Barabhebungen entsprechender Geldbeträge von den Konten der Kunden verglichen. Dabei fiel auch der Steuerpflichtige auf, der allerdings Tafelgeldgeschäfte ohne Auslandsbezug durchgeführt hatte. Nach einer entsprechenden Nachfrage beim zuständigen Finanzamt wurde festgestellt, dass die Erträge aus diesen Geschäften nicht versteuert waren. Darauf hin wurde gegen den Steuerpflichtigen ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet.

Dagegen wandte sich der Steuerpflichtige. Seiner Meinung nach hätten die Ergebnisse der Durchsuchung seiner Bank nicht verwendet werden dürfen, da sich daraus bei ihm kein Bezug auf einen Vermögenstransfers ins Ausland ergeben habe. Die Verwertung der Unterlagen verstoße gegen die Bestimmungen über den Schutz von Bankkunden, der in der Abgabenordnung festgelegt sei.

Da seine Klage keinen Erfolg hatte, legte er Verfassungsbeschwerde ein: Der Steuerpflichtige fühlte sich in seinen Grundrechten verletzt, insbesondere in seinem Anspruch auf ein faires Verfahren. Doch die Verfassungsrichter nahmen die Beschwerde mit der Begründung nicht zur Entscheidung an, dass sie keine Aussicht auf Erfolg habe. Zwar begründe die Inhaberschaft von Tafelpapieren und deren Einlieferung und Aufbewahrung in einem Depot für sich allein noch keinen Anfangsverdacht einer Steuerstraftat. Anders verhalte es sich jedoch, wenn, wie im Streitfall, Hinweise auf eine gezielte Anonymisierung vorlägen. Der Steuerpflichtige habe bei der Bank ein Konto unterhalten. Dennoch habe er die Tafelpapiere durch Bargeschäfte erworben, sodass diese Geschäfte anhand der Kontoauszüge nicht als Wertpapiergeschäfte ersichtlich waren. Wer sich so verhalte, setze sich dem Verdacht aus, durch diese Vorgehensweise die Weiche für eine nachfolgende Steuerverkürzung oder -hinterziehung gestellt zu haben. Daher lag mit der Identifizierung des Steuerpflichtigen ein Anfangsverdacht vor. Es sei unerheblich, dass es sich um Zufallsfunde bei der Aufklärung von Tafelgeschäften mit Auslandsbezug gehandelt habe. Das steuerliche Verwertungsverbot stehe dem jedenfalls nicht entgegen, da es sich nur auf das Besteuerungsverfahren beziehe; es fände keine Anwendung, wenn ein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorliege.

Quelle: BVerfG-Urteil vom 1. März 2002, 2 BvR 972/00, LEXinform Nr. 0168041

 

 

19.  Aufteilung von Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen

 

Durch die Steuerreform hat sich die Besteuerung von Kapitaleinkünften in einigen Punkten geändert. So ist z.B. die Hälfte der Einnahmen aus inländischen Dividenden ab dem Veranlagungszeitraum 2002 steuerfrei. Folge des so genannten Halbeinkünfteverfahrens ist aber, dass Werbungskosten, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesen Einnahmen stehen, nur zur Hälfte abgezogen werden können. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Einnahmen anfallen.

Werden in einem Veranlagungszeitraum sowohl Einkünfte bezogen, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, als auch solche, die diesem Verfahren nicht unterliegen, sind die Werbungskosten aufzuteilen. Wie die Aufteilung zu erfolgen hat, beschreibt das Bundesfinanzministerium in einem aktuellen Schreiben.

Danach ist entsprechend den bisherigen Rechtsgrundsätzen unter Kapitalvermögen jede einzelne Kapitalanlage zu verstehen. Werbungskosten, die durch die einzelne Kapitalanlage veranlasst sind, sind der jeweiligen Kapitalanlage zuzuordnen.

Werbungskosten, die sich nicht unmittelbar zuordnen lassen (z.B. Depotgebühren, Kosten der Erträg­nisaufstellung, Beratungsgebühren, Entgelte für Vermögensverwaltungsdienstleistungen), sind auf die Gruppe der Kapitalanlagen, deren Kapitalerträge dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, und auf die Gruppe der übrigen Kapitalanlagen aufzuteilen. Die Zuordnung zu diesen zwei Gruppen ist unabhängig davon vorzunehmen, ob außerdem nicht zu besteuernde Erträge erzielt werden.

Bei der Aufteilung der Werbungskosten ist in der Regel die vertraglich vereinbarte Gebührenregelung zugrunde zu legen. Dies gilt sowohl für die Bemessungsgrundlage (z.B. bestandsorientierte Gebühr) als auch für die sich daraus ergebende Gebührenerhebung (z.B. stichtagsbezogen, unterjährig). Ist eine einwandfreie Zurechnung der Werbungskosten nicht möglich, kann eine sachgerechte Aufteilung auch durch Schätzung erfolgen; als Maßstab ist grundsätzlich der Kurswert zum Abrechnungsstichtag zugrunde zu legen.

Bei der Zuordnung von Anteilen an Investmentfonds, zu deren Fondsvermögen Kapitalanlagen gehören, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, ist zum jeweiligen Stichtag eine Aufteilung der vom Steuerpflichtigen gehaltenen Anteile entsprechend der Zusammensetzung des jeweiligen Fondsvermögens in die zwei Gruppen von Kapitalanlagearten vorzunehmen. Ist dem Steuerpflichtigen die Zusammensetzung des Fondsvermögens nicht bekannt, erfolgt die Aufteilung auf die zwei Gruppen nach dem Verhältnis der voll zu besteuernden Erträge zu den Erträgen, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen.

Beispiel:

Zum Stichtag 31. Dezember werden insgesamt 120 EUR (0,8% p.a. des Kurswerts des Depots von 15.000 EUR) für Kosten und Gebühren erhoben. Der Bestand des Depots setzt sich zusammen aus:

         Festverzinslichen Anleihen (5.000 EUR)

         Hochzinsanleihen (3.000 EUR)

         Aktien (3.000 EUR)

         Anteilscheinen an einem Wertpapierfonds (4.000 EUR)

In der Ausschüttung des Wertpapierfonds von 200 EUR im Veranlagungszeitraum sind steuerpflichtige Erträge in Höhe von 40 EUR enthalten (davon entfallen 15 EUR auf Erträge, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, und 25 EUR auf sonstige steuerpflichtige Erträge).

a)       Gruppierung der Kapitalanlagen:

 

 

Gruppe 1

(unterliegen dem Halbeinkünfteverfahren)

Gruppe 2

(unterliegen nicht dem Halbeinkünfteverfahren)

Festverzinsliche Anleihen

 

5.000 EUR

Hochzinsanleihen

 

3.000 EUR

Wertpapierfonds

Bei den Anteilscheinen an dem Wertpapierfonds entfallen 15/40 auf Kapitalanlagen, deren Erträge dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, und 25/40 auf übrige Kapitalanlagen.

1.500 EUR

2.500 EUR

Aktien

3.000 EUR

 

Summe

4.500 EUR

10.500 EUR

 

b)       Aufteilung der Kosten und Gebühren:

Die nur zur Hälfte absetzbaren Werbungskosten ermitteln sich nach der Formel:

 

Wert der Kapitalanlagen, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen x gesamte Kosten und Gebühren

Gesamtwert des Depots

Im Beispiel entfallen von den gesamten Kosten und Gebühren also 4.500 EUR x 120 EUR / 15.000 EUR = 36 EUR auf die Gruppe der Kapitalanlagen, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen. Diese 36 EUR sind folglich nur zur Hälfte als Werbungskosten anzusetzen. Die übrigen Kosten und Gebühren (120 EUR ./. 36 EUR = 84 EUR) entfallen auf die Kapitalanlagen, die nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen und sind deswegen voll als Werbungskosten abzusetzen. Im Beispiel beträgt die Summe der Werbungskosten insgesamt102 EUR (84 EUR + 18 EUR).

Hinweis:

Lassen sich Werbungskosten nicht unmittelbar der einzelnen Kapitalanlage zuordnen und betragen sie im Kalenderjahr nicht mehr als 500 EUR (für den Veranlagungszeitraum 2001: 1.000 DM), ist aus Vereinfachungsgründen einer nach dem vorgenannten Verfahren vorgenommenen Aufteilung des Steuerpflichtigen zu folgen; der Betrag von 500 EUR (bzw. 1.000 DM für den Veranlagungszeitraum 2001) erhöht sich bei Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, auf insgesamt 1.000 EUR (bzw. für das Jahr 2001 auf 2.000 DM).

Quelle: BMF-Schreiben vom 12. Juni 2002, IV C 1 A 2252 184/02, DStR 2002 S. 1093

 

 

20.  Besteuerung von Spekulationsgewinnen wird verfassungsrechtlich überprüft

 

Gewinne, die ein Steuerpflichtiger durch die Anschaffung und zeitnahe Weiterveräußerung von im Privatvermögen befindlichen Wertpapieren erzielt (sog. Spekulationsgeschäfte), werden der Einkommensteuer unterworfen. Eine Voraussetzung war bis einschließlich 1998, dass der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung der Wertpapiere nicht mehr als sechs Monate beträgt. Seit 1999 beträgt die Frist ein Jahr.

Vielfach wird angezweifelt, inwieweit solche Gewinne tatsächlich steuerlich erfasst werden. Von den meisten Steuerpflichtigen würden sie in der Steuererklärung nicht angegeben und eine Überprüfung der Steuererklärungen im Hinblick auf die nicht erklärten steuerpflichtigen Gewinne aus Wertpapierspekulationsgeschäften scheitere im Allgemeinen an rechtlichen und tatsächlichen Kontrollhemmnissen. Das Steuererhebungsverfahren leide an strukturellen Mängeln. Diese Mängel und die von ihnen ausgehende Ungleichheit in der steuerlichen Belastung können nach einem älteren Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu einer Verfassungswidrigkeit der materiellen Steuerrechtsnorm führen.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Rechtsstreit über die Besteuerung von Wertpapierspekulationsgeschäften beschlossen, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die gesetzlichen Regelungen zur Besteuerung der Spekulationsgeschäfte insoweit mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, als die Durchsetzung des Steueranspruchs wegen struktureller Vollzugshindernisse weitgehend vereitelt werde.

Hinweis:

Wenn Sie sich gesetzeskonform verhalten haben und die Gewinne aus privaten Wertpapierveräußerungen in der Steuererklärung angegeben haben, sollten Sie unter Hinweis auf die ausstehende Entscheidung des Verfassungsgerichts Einspruch gegen die entsprechenden Steuerbescheide einlegen und Aussetzung der strittigen Steuer beantragen. Wir sind Ihnen gerne behilflich.

Quelle: BFH-Pressemitteilung vom 18. Juli 2002, www.bundesfinanzhof.de

 

 

21.  Nießbrauchsverzicht gegen dauernde Last bei gleichzeitiger Vermietung

 

Ein Steuerpflichtiger war Eigentümer eines Einfamilienhauses, das er von seinem Vater übernommen hatte und das von seiner Mutter bewohnt war; sie besaß an der Hälfte des Hauses ein Nießbrauchsrecht. Der Steuerpflichtige und seine Mutter schlossen einen Vertrag ab, nach dem die Mutter auf ihr Nießbrauchsrecht gegen Zahlung einer dauernden Last verzichtete. Gleichzeitig wurde ein Mietvertrag über eine vom Steuerpflichtigen neu errichtete Wohnung im Erdgeschoss des Hauses abgeschlossen. Die vereinbarte Miete entsprach in ihrer Höhe annähernd der dauernden Last. Der Steuerpflichtige machte in der Steuererklärung negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie die dauernde Last geltend. Das Finanzamt ließ die negativen Einkünfte nicht zum Abzug zu. Es vertrat die Ansicht, dass in der gewählten Gestaltung ein Rechtsmissbrauch vorliege.

Das Hessische Finanzgericht kam zu einem anderen Ergebnis. Es vertrat die Ansicht, dass es den Beteiligten nicht verwehrt werden könne, die bisherige Rechtsposition der Mutter aufzugeben und durch ein entgeltliches Mietverhältnis zu ersetzen, sofern dies einem Fremdvergleich standhält. Dies ändere sich auch dann nicht, wenn die dauernde Last und die Mietforderung betragsmäßig gleich seien. Das Gesetz räume den Steuerpflichtigen insoweit Gestaltungsfreiheit ein. Die Zahlung einer dauernden Last einerseits und die Erfüllung einer mietvertraglichen Vereinbarung andererseits seien bürgerlich-rechtlich und wirtschaftlich zwei unterschiedliche Vorgänge, die auch steuerlich voneinander zu trennen seien.

Hinweis:

Von einem Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten ist immer dann auszugehen, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die, gemessen an dem angestrebten Ziel, unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche und sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Eine rechtliche Gestaltung ist dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach Wertung des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll. Maßgebend ist der wirtschaftliche Vorgang, der hinter dem Steuertatbestand steht.

Quelle: Hessisches FG, Urteil vom 11. September 2001, 11 K 5604/97, Revision eingelegt (Az. des BFH: IX R 60/01), DStR 27/2002 S. VIII

 

 

22.  Spekulationsgeschäft nach Entnahme eines Grundstücks aus dem Betriebsvermögen

 

Nach den Neuregelungen der gesetzlichen Vorschriften zur Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften (Spekulationsgeschäften) durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 gilt auch die Entnahme als Anschaffung mit der Folge, dass die Veräußerung eines aus dem Betriebsvermögen entnommenen oder im Rahmen einer Betriebsaufgabe privatisierten Grundstücks innerhalb von zehn Jahren nach der Entnahme der Besteuerung unterliegt. Wird ein Grundstück veräußert, das vorher aus einem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt worden ist, tritt an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Wert, mit dem das Grundstück bei der Überführung angesetzt worden ist. Entsprechendes gilt auch, wenn das Grundstück anlässlich einer Betriebsaufgabe in das Privatvermögen überführt worden ist und zwar auch dann, wenn diese Überführung vor dem 1. Januar 1999 erfolgt ist.

Gewinn aus dem privaten Veräußerungsgeschäft ist der Unterschiedsbetrag zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Bei Veräußerungen nach Entnahme aus einem Betriebsvermögen tritt an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der nach den steuerlichen Vorschriften zur Entnahme / Betriebsaufgabe angesetzte Wert. Die Oberfinanzdirektion Koblenz erläutert die unterschiedlichen Fallgruppen und ihre steuerlichen Folgen:

1.    Die Entnahme erfolgte zum Teilwert bzw. gemeinen Wert, die stillen Reserven sind besteuert worden:

Zur Ermittlung des privaten Veräußerungsgewinns ist vom Veräußerungspreis der Wert abzuziehen, mit dem das Grundstück bei der Entnahme oder Betriebsaufgabe bewertet und besteuert wurde und zwar auch dann, wenn sich dieser Wert später als nicht zutreffend erweist.

2.    Bei der Überführung des Grundstücks in das Privatvermögen ist der entsprechende Entnahme bzw. Aufgabegewinn nicht zur Einkommensteuer herangezogen worden, weil steuerliche Freibeträge nicht überschritten wurden:

Auch in diesem Fall ist der Veräußerungspreis um den Betrag zu mindern, mit dem das Grundstück bei der Entnahme bzw. Betriebsaufgabe bewertet worden ist; es ist unerheblich, ob die Entnahme oder Betriebsaufgabe aufgrund der Freibeträge zu einer Steuerzahllast geführt hat.

3.    Eine Besteuerung des Entnahme- oder Aufgabegewinns ist unterblieben, eine Änderung des betreffenden Steuerbescheids ist aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr möglich, sodass die im Zeitpunkt der Entnahme oder Aufgabe vorhandenen stillen Reserven steuerlich nicht erfasst worden sind:

Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist in diesen Fällen davon auszugehen, dass das Grundstück bei der Überführung ins Privatvermögen mit dem Buchwert angesetzt wurde. Zur Ermittlung des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft ist daher der Veräußerungspreis auch nur um den Buchwert des privatisierten Grundstücks im Zeitpunkt der Entnahme bzw. Betriebsaufgabe zu vermindern. Wurde allerdings der Buchwert pauschal ermittelt (z.B. bei Land- und Forstwirten) und lag der tatsächliche Entnahmewert oder gemeine Wert im Entnahme- oder Aufgabezeitpunkt unter diesem Wert, so ist nur der tatsächliche oder gemeine Wert anzusetzen.

4.    Bei der Überführung des Grundstücks in das Privatvermögen ist der Entnahmegewinn wegen einer gesetzlichen Regelung nicht besteuert worden:

Zur Ermittlung des privaten Veräußerungsgewinns ist bei Entnahmen nach dem 31. Dezember 1998 der Veräußerungspreis um den Buchwert des privatisierten Grundstücks im Zeitpunkt der Entnahme bzw. Betriebsaufgabe zu vermindern. Erfolgte eine derartige Überführung vor dem 1. Januar 1999, ist dagegen der tatsächliche Teilwert oder gemeine Wert im Überführungszeitpunkt anzusetzen, obwohl ein solcher Wert zu diesem Zeitpunkt nicht ermittelt werden musste.

5.    Die Überführung eines unbebauten Grundstücks erfolgte zum Teilwert / gemeinen Wert, der jedoch niedriger als der pauschal ermittelte Buchwert war (z.B. bei Land- und Forstwirten); ein Verlust war nicht abzugsfähig:

In diesen Fällen ist der Veräußerungsgewinn um den Wert zu kürzen, der dem Teilwert / gemeinen Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der Entnahme / Betriebsaufgabe entspricht, und zwar unabhängig davon, dass der auf Grund der Entnahme entstandene Verlust nicht ausgleichsfähig war. Damit wird der nach der Entnahme entstandene Wertzuwachs der Besteuerung zugeführt, was dem Sinn und Zweck der Vorschrift entspricht.

Bei bebauten Grundstücken ist in den Fallgruppen 1. - 4. bei der Ermittlung des privaten Veräußerungsgewinns der nach den vorstehenden Ausführungen als Anschaffungskosten anzusetzende Wert zusätzlich noch um die Abschreibungsbeträge zu kürzen, soweit sie in der Zeit nach der Entnahme bei der Ermittlung von Überschusseinkünften abgezogen worden ist.

Hinweis:

Die Verfügung der OFD Koblenz bezieht sich nur auf Grundstücke. Die allgemeinen Aussagen lassen sich aber auch auf andere Wirtschaftsgüter übertragen. Ein der Besteuerung zu unterwerfendes privates Veräußerungsgeschäft liegt bei anderen Wirtschaftsgütern vor, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung, Herstellung oder der Entnahme aus dem Betriebsvermögen einerseits und der Veräußerung andererseits nicht mehr als ein Jahr beträgt.

Ob die Ausführungen der Finanzverwaltung aber in allen Punkten haltbar ist, erscheint uns doch sehr fraglich.

Quelle: OFD-Koblenz, Verfügung vom 21. Juni 2002, S 2256 A St 32 2, DStR 2002 S. 1266

 

 

23.  Erstattung von Sonderausgaben

 

Sonderausgaben dürfen nur dann bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige mit diesen Ausgaben tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Wenn Sonderausgaben später erstattet werden, ist nach einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums wie folgt vorzugehen:

Werden gezahlte Sonderausgaben in einem späteren Veranlagungszeitraum an den Steuerpflichtigen erstattet, ist der Erstattungsbetrag aus Praktikabilitätsgründen im Jahr der Erstattung mit gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen mit der Folge, dass die abziehbaren Sonderausgaben des Erstattungsjahrs entsprechend gemindert werden. Ist im Jahr der Erstattung der Sonderausgaben an den Steuerpflichtigen ein Ausgleich mit gleichartigen Aufwendungen nicht oder nicht in voller Höhe möglich, so ist der Sonderausgabenabzug des Jahrs der Verausgabung insoweit um die nachträgliche Erstattung zu mindern; ein bereits bestandskräftiger Bescheid ist wegen neuer Tatsachen zu ändern.

Beispiel:

Ein Steuerpflichtiger hat im Jahr 1999 Kirchensteuervorauszahlungen von 2.000 DM geleistet. Dieser Betrag wurde in der Einkommensteuererklärung 1999 zulässigerweise als Sonderausgaben berücksichtigt. Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1999, die erst in 2001 erfolgte, stellt sich heraus, dass Kirchensteuern lediglich in Höhe von 1.500 DM anfallen; der übersteigende Betrag von 500 DM wird erstattet. Dieser Erstattungsbetrag mindert nun die für das Jahr 2001 als Sonderausgaben anzusetzenden Kirchensteuern. Sollte der Steuerpflichtige in 2001 keine Kirchensteuern gezahlt haben, sind die 500 DM nicht etwa mit anderen Sonderausgaben dieses Jahres zu verrechnen; sie mindern vielmehr die als Sonderausgaben anzusetzenden Kirchensteuern des Jahres 1999. Der Steuerbescheid 1999 wird in diesen Fällen geändert.

Hinweis:

Diese Vorgehensweise widerspricht dem im Bereich der Sonderausgaben sonst geltenden Zu- und Abflussprinzip.

Quelle: BMF-Schreiben vom 11. Juli 2002, IV C 4 S 2221 191/02, www.bundesfinanzministerium.de

 

 

24.  Grobes Verschulden bei unvollständigem Ausfüllen der Steuererklärung

 

Wer Werbungskosten steuermindernd ansetzen will, muss darauf achten, dass die Steuererklärung korrekt ausgefüllt wird. Ansonsten kann das Finanzamt eine nachträgliche Berücksichtigung verweigern.

Eine Steuerpflichtige erstellte ihre Einkommensteuererklärung für 1997 selbst. In der Anlage N hatte sie bei den Angaben zu den Werbungskosten unter der Rubrik "Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte" das Kästchen "Fahrten mit dem privaten Pkw" angekreuzt und das amtliche Kennzeichen angegeben. Es folgten Angaben über die Anzahl der Arbeitstage pro Woche, zu den Urlaubs- und Krankheitstagen sowie zur Arbeitsstätte. Die Felder zur Entfernung zur Arbeitsstätte und zur Anzahl der Tage, an denen der Pkw genutzt worden war, wurden nicht ausgefüllt. Weitere Werbungskosten wurden nicht geltend gemacht. Das Finanzamt berücksichtigte in seinem Einkommensteuerbescheid lediglich den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2.000 DM. Die tatsächlichen Werbungskosten blieben unberücksichtigt. Der Bescheid erging ohne Nebenbestimmung im April 1998.

Im September 1999 beantragte die Steuerpflichtige die Änderung des Steuerbescheids. Das Finanzamt habe seiner Fürsorgepflicht nicht entsprochen und versäumt, sie über die offensichtlich aus Unkenntnis fehlerhaft ausgefüllte Anlage N zu unterrichten. Das Finanzamt hätte nach Meinung der Steuerpflichtigen sie außerdem über die Abweichung von der Steuererklärung unterrichten müssen. Da dies nicht geschehen sei, sei entschuldbar, dass sie sich erst nach Ablauf der Einspruchsfrist von einem Monat an das Finanzamt wende. Da sich das Finanzamt weigerte, den Steuerbescheid zu ändern, legte die Steuerpflichtige gegen die Ablehnung Einspruch und, da dieser erfolglos blieb, Klage ein.

Doch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz teilte die Rechtsauffassung des Finanzamts. Ein bestandskräftiger Steuerbescheid könne nur nach den Korrekturvorschriften der Abgabenordnung geändert werden. Diese seien hier aber nicht einschlägig. Denn die Steuerpflichtige träfe ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden steuermindernder Tatsachen. Dieses bestehe u.a. darin, dass sie eine im Steuerformular ausdrücklich gestellte und auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beantwortet habe. Das Versäumnis wiege besonders schwer, da der Fragekomplex sogar durch Umrandung hervorgehoben und in der Anleitung mit einfachen Worten beschrieben sei. Auch an dem nachträglichen Bekanntwerden der genauen Höhe der Werbungskosten träfe die Steuerpflichtige ein Verschulden. Sie habe es versäumt, innerhalb der Einspruchsfrist zu reagieren. Die Steuerpflichtigen seien nämlich gehalten, Steuerbescheide nach ihren Kräften zu überprüfen und gegebenenfalls innerhalb der Einspruchsfrist von einem Monat die Angaben zu ergänzen. Die Steuerpflichtige habe ohne Schwierigkeiten erkennen können, dass die Fahrtkosten nicht berücksichtigt wurden. Für die beantragte Änderung des Steuerbescheids lägen keine gesetzlichen Grundlagen vor.

Hinweis:

Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, die Steuererklärung korrekt auszufüllen. Dies ist allerdings bei der Vielzahl der gestellten Fragen und den unübersichtlichen Formularen nicht immer einfach. Lassen Sie daher die Steuererklärungen von uns erstellen.

Auch eine zweite Konsequenz sollte aus dem Urteil gezogen werden: Die Steuerbescheide müssen genau geprüft werden. Auf keinen Fall dürfen Sie davon ausgehen, dass das Finanzamt die Veranlagung korrekt durchführt. Selbst wenn alle Angaben in den Formularen korrekt sind, kommt es vor, dass die Übernahme oder Auswertung durch die Sachbearbeiter fehlerhaft ist. Steuernachteile könnten die Folge sein. Überlassen Sie uns daher die Steuerbescheide zur Überprüfung. Beachten Sie, dass für Einwendungen gegen den Bescheid eine Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids gesetzlich festgesetzt ist. Nach Ablauf der Frist ist eine Änderung des Steuerbescheids nur noch in Ausnahmen möglich.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31. Januar 2002, 6 K 1473/00, rkr., LEXinform Nr. 0574256

 

 

25.  Erweiterung einer Betriebsprüfung

 

Das Finanzamt ordnete bei einem Steuerpflichtigen eine Betriebsprüfung an. Der Prüfungszeitraum sollte die Jahre 1994 bis 1996 umfassen. Drei Tage vor Ende der Prüfungshandlungen bat der Betriebsprüfer den Steuerpflichtigen, auch die Unterlagen für das Jahr 1993 einsehen zu dürfen, um die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen zu überprüfen, die in den Jahren 1994 bis 1996 als Betriebsausgaben gebucht worden waren. Der Steuerpflichtige kam der Bitte des Prüfers nach. Erst vier Wochen nach Ende der eigentlichen Prüfungshandlungen erließ das Finanzamt eine Erweiterungsanordnung für das Jahr 1993 mit dem Hinweis, es sei mit nicht unerheblichen Mehrsteuern zu rechnen. Eine weitere Prüfung der Unterlagen vor Ort fand nicht statt, weil der Betriebsprüfer die Feststellungen bereits im Rahmen der vom Steuerpflichtigen gewährten Einsicht in die Unterlagen getroffen hatte. Einige Wochen später erging der Prüfungsbericht, der auch für 1993 erhebliche Steuernachforderungen auswies.

Der Steuerpflichtige legte gegen die Erweiterung des Prüfungszeitraums Einspruch ein. Er war der Auffassung, dass im Rahmen der eigentlichen Betriebsprüfung keine Tatsachen festgestellt worden seien, die die Annahme nicht unerheblicher Mehrsteuern im Erweiterungszeitraum rechtfertigten. Er sei mit der Einsicht in die Unterlagen des Jahres 1993 einverstanden gewesen, weil die Abzugsfähigkeit von Zinsen für ein in 1993 aufgenommenes Darlehen geprüft werden sollte. Darüber hinaus hätte er sich aber nicht mit einer Erweiterung des Prüfungszeitraums einverstanden erklärt. Seiner Meinung nach sei die Erweiterung des Prüfungszeitraums nichtig, weil sie erst fünf Wochen nach Beendigung der Prüfungstätigkeit bekannt gegeben worden sei.

Das Finanzgericht Köln wies die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage als unbegründet zurück. Die Anordnung zur Erweiterung des Prüfungszeitraums könne noch bis zur Beendigung der Außenprüfung nachgeholt werden. Das Prüfungsverfahren sei aber erst mit Versendung des Prüfungsberichts abgeschlossen. Die Erweiterungsanordnung werde nicht dadurch rechtswidrig, dass sie erst nach Beendigung der eigentlichen Prüfungshandlungen bekanntgegeben werde. Die Erweiterung des Prüfungszeitraums läge im Ermessen der Finanzverwaltung. Dabei sei der Ermessensspielraum durch die Frage begrenzt, ob mit nicht unerheblichen Mehrergebnissen zu rechnen sei. Diese Zukunftsprog­nose müsse auf Tatsachen gestützt werden, damit sie auch von den Gerichten nachprüfbar sei. Würde eine Nachforderung aus allen Steuerarten von etwa 3.000 DM erwartet, sei dies als nicht unerhebliches Mehrergebnis anzusehen. Ob mit einem solchen Betrag zu rechnen sei, beurteile sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung über die Erweiterungsanordnung. Allerdings sei auch dann mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen, wenn bereits die Prüfung des eingeschränkten Prüfungszeitraums nicht unerhebliche Steuernachforderungen ergeben habe und nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse zu erwarten sei, dass sich ähnliche Ergebnisse auch in den davor liegenden Besteuerungszeiträumen einstellen werden.

Quelle: FG Köln, Urteil vom 24. April 2002, 10 K 2595/99, Revision eingelegt (Az. des BFH: XI R 121/02), LEXinform Nr. 0574678

 

 

26.  Befreiende Lebensversicherung unterliegt der Erbschaftsteuer

 

Eine Steuerpflichtige war Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemanns. Dieser war bis zu seinem Tode als Angestellter tätig. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hatte ihn durch Bescheid von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit, da er eine befreiende Lebensversicherung abgeschlossen hatte. Nach dem Tode des Ehemanns wurde die Lebensversicherung an die Erbin ausgezahlt.

Das Finanzamt setzte gegen die Steuerpflichtige Erbschaftsteuer fest, wobei es die befreiende Lebensversicherung in den steuerpflichtigen Erwerb mit einbezog. Dagegen wandte sich die Steuerpflichtige.

Der Bundesfinanzhof bestätigte allerdings die Handhabung des Finanzamts. Als Erwerb von Todes wegen gelte auch jeder Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tode von einem Dritten unmittelbar erworben werde. Die an die Steuerpflichtige ausgezahlte Versicherungssumme erfülle diese Voraussetzung. Anders als bei Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder einem berufsständigen Versorgungswerk mit Zwangsmitgliedschaft, denen regelmäßig eine vertragliche Grundlage fehle, beruhe die Auszahlung der Versicherungssumme an die Steuerpflichtige auf dem zwischen ihrem verstorbenen Ehemann und der Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Vertrag. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Versicherungsvertrag mit der Absicht abgeschlossen worden wäre, sich von der Pflichtversicherung befreien zu lassen. Denn der Ehemann hätte die Versicherung jederzeit kündigen, den Rückkaufswert beanspruchen, die Ansprüche beleihen, die Einsetzung der Hinterbliebenen als Bezugsberechtigte ändern oder den Versicherungsanspruch durch Nichterfüllung der Pflichten aufs Spiel setzen können, ohne dass dies für die einmal erteilte Befreiung von der Pflichtversicherung Folgen gehabt hätte. Daher sei die befreiende Lebensversicherung, wie andere Lebensversicherungen auch, in den steuerpflichtigen Erwerb einzubeziehen und der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.

Quelle: BFH-Urteil vom 24. Oktober 2001, II R 10/00, LEXinform Nr. 0573885